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Steinwenden

Ortsteilgeschichte

“Geschichte Steinwendens und seiner Ortsteile”
von Roland Paul

2. Steinwenden


Steinwenden konnte zwar im Jahre 1980 die 800-Jahrfeier begehen, was aber nicht heißt, dass der Ort nicht viel älter ist. Mittelalterliche Urkunden nennen uns den Siedlungsnamen allerdings erstmals im ausgehenden 12. bzw. frühen 13. Jahrhundert. Bereits in den ersten Jahrhunderten nach Christus befand sich hier eine

Teile eine "Villa Rustica" die am Römerturm aufgestellt wurden

Teile einer "Villa Rustica" welche in Steinwenden gefunden und am Römerturm aufgestellt wurden.

römische Niederlassung mit einer recht ausgedehnten „villa rustica“, die  nach dem Ende der römischen Herrschaft um 400 n. Chr. -  zunächst öd und verlassen war, bis fränkische Siedler seit dem 7./8. Jahrhundert allmählich den Urwald rodeten und sich hier niederließen. Damals entstand schon die Siedlung Königeinhausen, die 1430 nachweisbar vorhanden war, an die seit 1600 aber nur noch der Weltersbacher Flurname „Kendelhauser Tal“ (auch Kennelhauser oder Kindelhaußer Tal) erinnert. Im Laufe des Hochmittelalters, vermutlich im 10. oder 11. Jahrhundert, dürfte auch Steinwenden gegründet worden sein.


Zur Bedeutung des Ortsnamens Steinwenden

Lange Zeit konstruierte man bei der Deutung des Ortsnamens Steinwenden eine Verbindung zwischen Steinen (Felsen) und dem Wind. Diese Interpretation, die ihren Ausdruck in dem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Siegel des früheren Gerichts Steinwenden fand, auf welchem ein auf einem Steinhaufen pustender Kopf als Symbol für den Wind dargestellt ist, wird von der neueren Forschung als falsch und unbegründet zurückgewiesen. Glaubwürdiger erscheint hingegen die Auslegung „ - läßt sich auf das althochdeutsche „winne“ zurückführen (vgl. den Ortsnamen Winden in der Südpfalz), was soviel wie „Gelände mit Viehweiden“ bedeutet. Ein solches ausgedehntes Wiesengelände findet sich seit alters her südlich des Dorfes zwischen Steinwenden und Weltersbach im Tal des Moorbachs. Der erste Wortteil dürfte sich auf die Steinreste der ehemaligen römischen Siedlung beziehen, die zwischen dem Wiesental, dem Brühl, und der heutigen Römerstraße stand. Der Ortsname dürfte somit als „Weidegelände bei Steinen“ (am Steinhaus oder an den Steinmauern) erklärt werden können.

Steinwenden im Mittelalter
Die   erste   urkundliche   Erwähnung Steinwendens findet sich im Lehensbuch Werners II. von Bolanden. Der Ort wird darin um 1180 als Besitz, vielleicht auch nur Teilbesitz, des Otto von Huneburg (Homburg) aus der Familie der Landgrafen des Unterelsass, Verwandten und Miterben der Staufer, ausgewiesen. Dieser muss den Besitz - laut Mitteilung von Prof. Dr. Hans Werle, Mainz - in Erbteilung mit seinem Bruder Dietrich von Merburg erhalten haben. Kaiser Friedrich II., der Enkel Barbarossas, bestätigte im Jahre 1215 dem Prämonstratenserkloster zu Kaiserslautern  dessen  Wiesenbesitz  in der  Steinwendener Gemarkung. Es war auch Friedrich II., der an Graf Heinrich von Zweibrücken ein Gut zu Steinwenden verlieh, verbunden mit dem Recht, hier den jeweiligen Pfarrer einzusetzen und den Zehnten zu erheben.

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts erschienen Hug Vogelsang Ritter von Udenheim und Gerhard von Heppenheim bzw. dessen drei Söhne als gemeinsame Inhaber des Zweibrücker Lehens. Nach dem Aussterben der Heppenheimer erbten zunächst die Herren von Mauchenheim deren Besitz, von denen er im ausgehenden 15. Jahrhundert an die Herren von der Leyen fiel. Letztere hatten noch bis in die Zeit der Französischen Revolution Anteil am Zehnten in Steinwenden. Steinwenden war während der kurpfälzischen Zeit - seit 1357 - Hauptort des Gerichts Steinwenden, das außer der Sitzgemeinde die Dörfer Miesenbach, Kottweiler, Schwanden, Mackenbach und die  Siedlung Steigen umfasste.  Dem Gericht standen ein Schultheiß, vier Gerichtsschöffen und ein Gerichtsschreiber vor.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg

Der Eintrag „Im Steinwinder Gericht wohnt noch gar niemandt“, der im Schatzungsbuch Nr. 12 für das Jahr 1656 vermerkt ist, steht bezeichnend für den desolaten Zustand unserer Heimat noch acht Jahre nach dem Westfälischen Frieden. Die Wiederbesiedlung setzte um 1660 ein. Ehemalige, während des Krieges aus dem Lande geflohene Bewohner, kehrten nicht wieder zurück. Von den fremden Zuwanderern, die in den folgenden Jahrzehnten unter schwierigen Bedingungen beachtliche Aufbauarbeit leisteten, sind vor allem die Schweizer Einwanderer zu nennen. Die reformierten Kirchenbücher verzeichnen ihre Namen: Berny, Büchi (Bichy, Bihy), Brennemann, Freyvogel, Hunzinger, Koller, Kyburtz, Zinsmeister und andere mehr. Aber auch aus deutschen Gebieten erfolgte Zuzug.

1684 zählte Steinwenden wieder sechs Familien, was einer Einwohnerzahl von etwa fünfundzwanzig Personen gleichkommen dürfte. Über einhundert Jahre später, im Jahre 1791 wurde der Ort von 305 Einwohnern bewohnt. Neben dem Schultheißen, dem reformierten und dem lutherischen Pfarrer, zwei Schulmeistern und drei Gerichtsverwandten bestand damals auch eine kleine dorfbezogene Handwerkerschicht: vier Leinenweber, zwei Maurer, zwei Schuster, zwei Schneider, zwei Schmiede, zwei Ziegler, zwei Bäcker, ein Küfer, ein Metzger und ein Müller. Hinzu kamen noch ein Wirt und ein Handelsmann. Die unterständische Schicht im Dorf wurde von sechs Beisassen-Familien gebildet. Achtunddreißig Familien ernährten sich im Haupterwerb von der Landwirtschaft.

Die kurpfälzische Zeit und damit auch die Ära des Gerichts Steinwenden ging im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts zu Ende. Nach der Annexion des linken Rheinufers durch Frankreich wurde Steinwenden bei der Einführung der französischen Zivilverwaltung (1798) der „Mairie Obermohr im Kanton Landstuhl des Arrondissements Zweibrücken im Departement Donnersberg der Französischen Republik“ zugeschlagen.
Die „Franzosenzeit“ brachte unseren Vorfahren zwar die Befreiung von der Leibeigenschaft und die Aufhebung des Zehnten, setzte aber der ohnehin stark beückten Landbevölkerung zumindest zu Anfang auch hart zu. Aus zeitgenössischen Berichten des Steinwendener Pfarrers Johann Carl Weber wissen wir um die oft grausamen Raubzüge der so genannten Ausleerungskommission in unserer Heimat.
Die französische Verwaltung schuf neue Einrichtungen, die in der bayerischen Zeit weiter bestehen blieben. Steinwenden wurde Sitz einer Einnehmerei, die erst 1972 aufgelöst wurde. Von 1808 bis 1817 war hier auch das Notariat des Kantons Landstuhl untergebracht.
Nach Napoleons Niederlage bei der Völkerschlacht bei Leipzig und dem Ende der französischen Herrschaft (1814) wurde Steinwenden in der bayerischen Zeit Sitz der Bürgermeisterei für die Dörfer Steinwenden, Weltersbach, Kottweiler-Schwanden und Obermohr.
Starker Bevölkerungsanstieg, Wirtschaftskrisen, Mangel an Nahrung und Verdienstmöglichkeiten, Unzufriedenheit mit den politischen Verhältnissen kennzeichnen im Wesentlichen die Entwicklung unserer Dörfer bis zur Jahrhundertmitte. Es verwundert daher nicht, wenn allein in der Zeit zwischen 1825 und 1860 etwa fünfhundert Personen aus Steinwenden, Weltersbach und Obermohr ihrer Heimat den Rücken zuwandten, um in den USA und in Brasilien eine neue Heimat zu finden. (Eine umfangreiche Darstellung zur Geschichte der Auswanderung aus Steinwenden, Weltersbach und Obermohr befindet sich in Vorbereitung.)
Einen wichtigen Einschnitt in der Geschichte unserer Dörfer stellt der Anschluss Steinwendens an die 1868 fertig gestellte Eisenbahnlinie Landstuhl-Kusel dar, deren Bau bereits lohnende Verdienstmöglichkeiten geboten hatte. Viele Steinwendener fanden nun neue Arbeitsplätze in den saarländischen Kohlenrevieren oder in den jungen Industriezentren Ludwigshafen-Mannheims oder Kaiserslauterns.

Rapide Aufwärtsentwicklung
Wesentliche Neuerungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Bau einer gemeindlichen Wasserversorgungsanlage (1907) und eines Elektrizitätsnetzes (1912). Nach dem Zweiten Weltkrieg, der - wie der Erste Weltkrieg - vielen Familien durch den Verlust der Ehemänner, Väter und Söhne großes Leid zugefügt hatte, setzte bald eine rapide Aufwärtsentwicklung ein. Zahlreiche Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten ließen sich hier nieder, neue Baugebiete wurden erschlossen, zwei seit Jahren bestehende Handwerksbetriebe (Fa. Zimmer; Fa. Heil) entwickelten sich zu größeren Unternehmen und unverzichtbaren Arbeitgebern.

Die Kanalisation wurde durchgeführt und die Straßen ausgebaut. In den sechziger bzw. siebziger Jahren erhielten beide Dörfer eine Leichenhalle sowie eine neue Schule und einen modernen Kindergarten. Auf sportlichem Sektor stehen seit 1969 neben dem Sportplatz auf dem Mühlberg eine geräumige Sporthalle und die Schießsportanlage des Schützenvereins zur Verfügung.
1965/67 errichteten die Katholiken beider Orte ein stattliches Gotteshaus an der Kottweilerer Straße. Einige Jahre später entstand in unmittelbarer Nähe auch eine kleinere neuapostolische Kirche.
Neben der 1852/53 im neuromanischen Stil erbauten protestantischen Kirche hat die Ortsgemeinde auf einem von Privatbesitzern erworbenen Gelände eine Parkanlage geschaffen, die zur Erinnerung an Johannes Häberle im 150. Jubiläumsjahr des Hambacher Festes (1982) nach ihm benannt.
Seit der Verwaltungsreform 1972 gehört die Gemeinde Steinwenden zur Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach.
Heute leben in Steinwenden (Stand: 30.6.2009) insgesamt 2614 Personen. Davon entfallen auf den Ortsteil Obermohr 690, auf den Ortsteil Weltersbach 643 und auf Steinwenden selbst 1284 Einwohner.

Roland Paul

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