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Johannes Häberle

Portraits ehem. Bewohner
Johannes Häberle (1790-1858)






Im 150. Jubiläumsjahr des Hambacher Festes ( 1982 ) wurde die in der Ortsmitte Steinwendens neu geschaffene Anlage im Rahmen einer Feierstunde "Johannes-Häberle-Platz" genannt.

Der damals auf diesem Platz enthüllte Gedenkstein erinnert an einen Mann, der sich 1832 als Bürgermeister von Steinwenden für die liberal-demokratische Bewegung engagiert hatte und dafür bei der Obrigkeit in Ungnade gefallen war.

Am 4. November 1790 erblickte Johannes Häberle auf dem Daubenbornerhof bei Enkenbach als jüngstes von zehn Kindern des Gutsbesitzers Johann Häberle und seiner vom Hahnerhof stammenden Ehefrau Catharina Migeot das Licht der Welt. Geboren in der unruhigen Zeit unmittelbar nach der Französischen Revolution, erlebte Johannes Häberle als Kind den Revolutionskrieg, die in der Nähe sich abspielende Schlacht von Morlautern im November 1793 und den schrecklichen „Plünderwinter“.

Das sogenannte "Gerbhaus" in der Moorstraße. Hier wohnte Johannes Häberle mit seiner Familie bis 1837. Das Haus wurde 1974 abgebrochen. Foto: R. Paul

Französische Soldaten überfielen auch den Daubenbornerhof und bedienten sich der Lebensmittelvorräte und des Viehs seiner Bewohner. Johannes Häberles Mutter starb auf der Flucht vor französischen Soldaten in Asselheim. Der kurze Zeit später folgende Tod des Vaters machte den kaum fünfjährigen Johannes zum Vollwaisen. Ältere Geschwister kümmerten sich um seine Erziehung. Nach dem Schulbesuch kam er zu einem Gerber in die Lehre. Ehemänner seiner beiden Schwestern Salome und Luisa Dorothea, Johann Jakob Seitz und Philipp Jakob Müller, besaßen Gerbereien in Otterberg und Winnweiler, wo er seine Lehrzeit absolviert haben durfte. Als Geselle begab er sich auf die Wanderschaft, die ihn bis nach Ungarn führte. Einem Gesellenbrief, ausgestellt von der „Kayserlich Königlichen Frey Stadt Pest“ am 10. Juli 1814, beschreibt den nunmehr 23jährigen als von großer Statur und braunen Haaren. Weiter heißt es darin, dass er zehn Wochen „bey gedachter Fabrike“ (Gebrüder Kehin Pest) „in Arbeit gestanden, und während dieser Zeit als ein seiner Profession gut kundiger Geselle, treu, fleissig und zu Jedermann Zufriedenheit sich rechtschaffen betragen, auch in seiner sonstigen Aufführung dargestalten wohlverhalten habe, dass man gesammten Meistern der Lohgerber und Lederer Profession geziemend ergehen muß, demselben nach Handwerks-Gebrauch in seiner Wanderschaft befördern zu wollen . . .“
In den Jahren 1817/18 ließ sich Johannes Häberle als Rotgerber in Steinwenden nieder und verheiratete sich mit Katharina Gerhardt, der Tochter des Niedermohrer Bürgermeisters Peter Gerhardt. 1825 starb seine Frau 22jährig im Kindbett . Ein halbes Jahr später heiratete er in zweiter Ehe Elisabetha Dorothea Weber, die älteste Tochter des Kaufmanns Johann Daniel Weber, der 1829 als Nachfolger seines Bruders Christian zum Bürgermeister der Gemeinde Steinwenden gewählt wurde. Als Daniel Weber schon im Jahre 1831 fünfzigjährig starb, wählten die Gemeinderäte von Steinwenden, Kottweiler, Schwanden, Weltersbach und Obermohr dessen Schwiegersohn Johannes Häberle zum neuen Bürgermeister. Häberle genoss bereits wenige Jahre nach seiner Niederlassung in Steinwenden ein großes Ansehen. Im Hambach-Jahr 1832 erscheint er an sechster Stelle unter den höchstbesteuerten Einwohnern der Gemeinde, aus deren Reihen sich damals auch der Gemeinderat zusammengesetzt.
Unter Führung von Bürgermeister Häberle soll sich am 27. Mai 1832 eine Gruppe Steinwendener Bürger am Zug auf das Hambacher Schloß beteiligt haben. Frau Häberle sei - der Familienüberzufolge - an der Spitze des Zuges mitmarschiert und habe eine der schwarz-rot-goldenen Fahnen getragen

Das 1837 von Johannes Häberle und seiner Frau Elisabetha, geb. Weber erbaute Haus in der Ortsmitte neben der prot. Kirche. Das Haus blieb bis etwa 1890 in Besitz der Familie Häberle, gehörte dann einer Frankenthaler Brauerei, bis es der Kaufmann Julius Weber erwarb. Er verkaufte es 1923 an die Familie Wigand, die hier eine Gastwirtschaft betrieb. Es wurde 1972 abgebrochen. Foto: R. Paul

Häberle, befreundet mit den „Vätern des Hambacher Festes“ Dr. Johann Georg August Wirth und Dr. Philipp Jakob Siebenpfeiffer und durch seine Frau verwandt mit dem aufgrund seiner liberalen Einder bayerischen Regierung suspekten früheren Steinwendener reformierten Pfarrers und seit 1815 in Homburg lebenden Dekans Carl Gottfried Weber, geriet nach dem Hambacher Fest in die Mühlen der Justiz. Sein Name findet sich im „Schwarzen Buch“ in Frankfurt, im „Verzeichnis derjenigen Personen, gegen welche nach den Akten der Bundes-Zentralbehörde bezüglich revolutionärer Umtriebe in Untersuchungswege eingeschritten worden ist.“
Als der Deutsche Bund unter Fürst Metternich mit den Bundesbeschlüssen vom 28. Juni 1832 auf das Hambacher Fest reagierte und damit den „Vernichtungskampf der Reaktion gegen die Volksrechte“ (Sahrmann) einleitete, protestierten die pfälzischen Liberalen energisch. Unter dem Vorsitz des Lehrers Friedrich August Knoebel trafen sie sich am 1. August 1832 im Bayerischen Hof in Kaisersum eine an den bayerischen König gerichtete „Vorstellung vaterlandsliebender Bürger Rheinbayerns oder vielmehr Erklärung über die Verwahrung gegen die Bundestags-Beschlüsse vom 28. Juni 1832“ zu verabschieden. Bürgermeister Häberle von Steinwenden war bei der Versammlung im Bayerischen Hof zugegen und unterzeich mit 37 weiteren pfälzischen Liberalen die Protestation. Nach dem Gutsbesitzer Adam Wagner aus Otterberg und dem Bauinspektor und Mitglied des pfälzischen Landrats Paul Camille von Denis unterschrieb Häberle als dritter diese Erklärung. Ihm folgen der Homburger Christian Scharpff, der Posthalter Ritter aus Frankenstein, der Kaiserslauterer Hans Philipp Heinrich Karcher und andere, darunter übrigens auch Johannes Häberles Bruder Georg vom Daubenbornerhof. Unter den 1347 Unterzeichnern aus der gesamten Pfalz, die mit ihrer Unterschrift in den folgenden Tagen ihrem Unmut über die Bundestagsbeschlüsse Ausdruck verliehen, finden sich mindestens drei weitere Männer aus Steinwenden, nämlich die Gemeinderatsmitglieder Carl Philipp Urschel (Kaufmann), Johann Knapp (Metzger und Gastwirt) und Michael Scheuermann (Bierbrauer, Bäcker und Gastwirt). „Wegen Verunglimpfung des königlichen bayerischen Bundestagsgesandten und der bayerischen Minister in bezug auf ihre Funktionen und Schmähung auswärtiger Monarchien“ wurden die 38 Erstunterzeichner, darunter auch Johannes Häberle, angeklagt. Es kam zu einem Prozess, der drei Instanzen durchlaufen sollte. Wie seine Aussagen im Prozessverlauf belegen, vertrat Häberle seine Meinung mutig und unerschrocken und sah sich nicht veranlasst, frühere Äußerungen beziehungsweise den von ihm mitzuverantwortenden Text der sogenannten Knoebel'schen Protestation zurückzunehmen.
1833 nahm Bürgermeister Häberle wie seine Amtskollegen Müller (Gerhardsbrunn), Drumm (Reichenbach) und Weber (Glan-Münchweiler) an einer Versammlung der „liberalen Parthey“ in der Gastwirtschaft Hirsch in Glan-Münchweiler teil. Dabei seien   Freiheitslieder gesungen worden, und Häberle habe eine Rede auf die anwesenden Söhne  des inhaftierten Dr. Wirth gehalten, um deren finanzielle Unterstützung er die Anwesenden bat. In den folgenden Tagen bewirtete Häberle die Kinder Wirths in seinem Haus in Steinwenden. Das daraufhin von der bayerischen Regierung gegen Häberle eingeleitete Verfahren hatte schließlich zur Folge, dass sich Häberle im März 1834 veranlasst sah, um seine Entlassung vom Amt des Bürgermeisters nachzusuchen, „welche“ - wie die Speyerer Regierung dem Innenministerium München mitteilte, „wir ihm auch sogleich erteilten, da sie auch gegen seinen Willen erfolgt seyn würde“.
Nachfolger Häberles wurde der konservative Gemeinderat Philipp JakobClemens ernannt. Häberle stand dennoch weiterhin „in der Gemeinde wie in der Umgegend in großem Ansehen“ und wurde 1834 von dem protestantischenOrtspfarrer Jakob Gutheil als weltliches Mitglied zur Bezirkssynode nach Homburg eingeladen.
Im Zusammenhang mit der Errichtung eines Freiheitsbaumes in Steinwenden im Mai 1834 und der auf amtliche Weisung hin erfolgten Umlegung desselben, kam es erneut zu einem handfesten Konflikt zwischen den konservativen und liberalenKräften, in den auch Häberle verwickelt war. Bei dem sich anschließenden Prozess vor dem Bezirksgericht Zweibrücken wurden damals zehn Steinwendener Bürger wegen „Beleidigung und Bedrohung obrigkeitlicher Personen bei der Ausübung ihrer Amtsverrichtungen“ verurteilt, Johannes Häberle zu einer Gefängnisstrafevon einem Monat, seine Frau zu einer solchen von einem Tag.
In den folgenden Jahren wurde es ruhig um Johannes Häberle. Er widmete sich fortan seinem Gerbereibetrieb. 1837 erbaute er in der Ortsmitte auf einem Gelände, das seine Frau als Teil ihres väterlichen Erbes erhalten hatte, ein stattliches Wohnhaus mit Gastwirtschaft und großen Ökonomiegebäuden, in denen später eine Bierbrauerei eingerichtet wurde. Die am Ortsrand gelegene Gerberei übergab Häberle 1844 seinem Schwiegersohn Ludwig Breith. Johannes Häberle starb am 17. Februar 1858, seine Frau erst 1885. Von ihren 14 Kindern leben heute zahlreiche Nachkommen in allen Teilen Deutschlands und in den Vereinigten Staaten.
Roland Paul





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